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Dieses Thema hat 7 Antworten
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 Der Herr der Ringe - Die Bücher
Ciriel ( Gast )
Beiträge:

08.03.2004 15:36
Bauer Giles von Ham Antworten

Hallo Leute!

Ich finde, es ist mal an der Zeit, auch ein paar andere Bücher von Tolkien vorzustellen und zu diskutieren, viele wissen nämlich gar nicht, daß es da noch viel mehr als nur den "Herr Der Ringe" gibt. Deshalkb hier mal die Vorstellung von "BAuer Giles von Ham", die ich für die DTG gemacht habe.

Bauer Giles von Ham


1. Wissenswertes

Die Geschichte ist eine der wenigen, die sich relativ losgelöst vom Rest von Tolkiens Schöpfergeist entwickelte. Tatsächlich scheint einer der wesentlichen Entstehungsgründe in dem Wunsch zu liegen, den Ortsnamen Worminghall (etwa Drachenhalle) zu erklären. Das Dorf mit diesem Namen liegt in der Nähe von Oxford. Die Geschichte des Kleinen Königsreiches spielt also wahrscheinlich in Oxford- und Buckinghamshire. Das läßt sich noch deutlicher daran festmachen, daß alle weiterhin genannten Dorfnamen (Ham ist die Fiktion vom wirklichen Dorf namens Thame) und sogar die Entfernungen zwischen ihnen - so man sich die Mühe macht, sie einmal auszurechnen wie Shippey es vormacht - Vorbilder in der Wirklichkeit haben.
Die erste Version der Geschichte muß etwa Anfang der 30er Jahre entstanden sein. Tolkien sollte vor einem Studenten-Klub einen Vortrag über Märchen halten, weil er jedoch diesen noch nicht fertig hatte, las er dort eine überarbeitete und längere Version von Bauer Giles vor.
Als er auch bei anderen Gelegenheiten Erfolg mit dem Vortragen hatte und klar wurde, daß die Hobbit-Fortsetzung noch wesentlich mehr Zeit beanspruchen würde als gedacht, bot er Bauer Giles zur Veröffentlichung an, und die Geschichte wurde gerne genommen. Durch Krieg und z. B. Tolkiens Unzufriedenheit mit dem Illustrator (später übernahm diese Aufgabe Pauline Diana Baynes) verzögerte sich die Veröffentlichung allerdings bis 1949.
Bauer Giles hatte zum Zeitpunkt des Erscheinens keinen großen Erfolg und wurde erst nach dem Siegeszug des Herrn der Ringe bekannter. Dann plante Tolkien eine Fortsetzung der Geschichte und skizzierte auch eine Handlung, in der es um Giles Sohn George Worming und einen Pagen namens Suet gehen sollte. Chrysophylax sollte erneut vorkommen und als Schauplatz des Ganzen war wieder die Landschaft des Kleinen Königreiches gedacht. Doch 1945 war eben jener Landstrich vom Krieg zerstört, es gab Flugplätze, und es wurden Bombenabwürfe geübt. Tolkien hatte diese Landschaft vorher geliebt. Die großen Veränderungen bereiteten ihm so viel Kummer, daß er sich außerstande sah, die Fortsetzung zu beenden. Allerdings baute er eine Anspielung auf die Fortsetzung in das Vorwort der Geschichte ein.


2. Zusammenfassung der Geschichte

Aegidius Ahenobarbus Julius Agricola de Hammo wird von allen stets nur Bauer Giles von Ham genannt. Er ist ein Mensch mit geregelten Gewohnheiten und liebt Aufregung nicht. Doch eines Nachts erwacht er vom Gebell seines Hundes Garm, der ihn warnt, ein Riese verwüste seine Felder. Das kann ein Bauer natürlich nicht zulassen und obwohl ihm nicht wohl bei der Sache ist, lädt er seine Donnerbüchse (mit Nägeln, Draht und anderen Geschossen) und geht hinaus, den Riesen zu suchen. Er findet ihn tatsächlich, mehr vor Schreck als mit Absicht feuert er seine Waffe ab und trifft den Riesen an der Nase. Da dieser fast taub ist, geht er davon aus, daß ihn etwas gestochen hat, beschließt, daß ihm die ganze Angelegenheit zu unangenehm wird und geht in die entgegengesetzte Richtung davon.
Bauer Giles wird von ganz Ham gefeiert, und die Geschichte verbreitet sich auch in den umliegenden Dörfern, bis sie dem König zu Ohren kommt. Dieser schickt Giles einen Brief, in dem er ihn zu seiner Heldentat beglückwünscht und schenkt ihm ein altes Schwert.
Doch auch die Drachen haben durch den Riesen von einem grünen Land mit reichlich Futter (Schafen) und wenig Gefahren gehört. Da der Riese auch nichts von Rittern berichten kann, macht sich ein besonders verschlagenes Exemplar namens Chrysophylax Dives auf den Weg dorthin. Seine Ankunft bleibt nicht unbemerkt, da er auf seinem Weg eine Menge Schaden anrichtet. Weil die Ritter des Königs nichts unternehmen, der Drache aber Ham immer näher kommt, blicken die Dorfbewohner hoffnungsvoll auf Giles, der jedoch betont, er habe mit seinen eigenen Geschäften zu tun. Schließlich verlangt der Pfarrer das Schwert zu sehen, das sofort aus der Scheide springt, als Giles es aus seinem Schrank holt und sich auch auch nicht wieder hineinstecken läßt. Dem Pfarrer gelingt es, die alten Buchstaben auf der Klinge zu entziffern. Giles ist Besitzer von Caudimordax, im Volksmund auch Schwanzbeißer genannt, der Klinge, die einst dem berühmtesten Drachentöter gehörte. Nun verlangen die Dörfler natürlich, daß Giles sich aufmache, den Drachen zu finden. Es ist kein ordentliches Kettenhemd aufzutreiben, also näht man Giles Metallringe auf die Lederweste. Weil dem Bauern nun keine Ausreden mehr einfallen, reitet er also los, den Drachen zu suchen. Gerade als es scheint, der Drache wäre wieder abgezogen, stolpert der Bauer über ihn. Nach einem kurzen Gespräch versucht Chrysophylax Giles zu überwältigen, was ihm dank Schwanzbeißer nicht gelingt. Als der Drache das Schwert sieht, hält er Giles zunächst für einen Ritter und wird sehr viel höflicher. Giles klärt ihn jedoch auf und teilt ihm mit, er solle verschwinden. Durch ein Versehen wird Chrysophylax so verletzt, daß er seinen einen Flügel nicht mehr gebrauchen kann. Giles springt aufs Pferd und jagt den Drachen vor sich her bis nach Ham. Dort ergibt sich Chrysophylax und bietet Lösegeld für sich selbst an, auf das die Bevölkerung nach einigem hin und her auch eingeht. Nachdem er seine Rückkehr geschworen hat, lassen sie ihn gehen.
Der König hat von dem Ereignis gehört und reitet nach Ham, um das Gold - das er als sein Gold betrachtet - in Empfang zu nehmen. Doch Chrysophylax hat nicht vor, zurückzukommen. Als der verabredete Tag verstreicht, begreifen das alle, und der König zieht zornig ab. Er schickt Giles mit den Rittern auf Drachenjagd.
Sie stoßen auf Drachenspuren, und plötzlich fällt Chrysophylax über die Ritter her, die alle fliehen. Nur Giles bleibt zurück, denn seine Stute lahmt. Der Drache ist zwar überrascht, den Bauern zu sehen, denkt aber an Schwanzbeißer und zeigt sich unterwürfig. Giles nötigt ihn dazu, das Gold aus der Höhle zu tragen, ist aber großzügig und klug genug, Chrysophylax einen Teil seines Schatzes zu lassen. Der Drache verspricht ihm dafür, das Gold nach Hause zu tragen und nicht zum König und ihm auch dabei zu helfen, das Gold zu behalten. Giles willigt ein und zieht im Triumph nach Ham.
Als der König begreift, daß Giles nicht an den Hof kommen wird, um Bericht zu erstatten und den Schatz abzuliefern, wird er wütend, sammelt seine Ritter um sich und reitet nach Ham. Er fordert das Gold und Caudimordax zurück, doch Giles verweigert es ihm. Der König will Giles fangen und hängen lassen, doch bevor man Hand an ihn legen kann, kommt Chrysophylax aus einem Versteck hervor und droht damit, alle Ritter zu töten. Schließlich sieht der König ein, daß sein Wille hier keine Wirkung hat und Giles keine Befehle von ihm annimmt. Er zieht ab.
Giles ist sehr beliebt, viele wählen sich ihm zum Herrn. Der König kann niemand dazu bewegen, ihn erneut anzugreifen. Bald heißt Giles nur noch Herr von Tame und wird am Ende sogar König des Kleinen Königreiches. Nach ein paar Jahren läßt er Chrysophylax auf dessen Bitten frei, woraufhin dieser nach Hause zurückkehrt und dem Riesen ordentlich die Meinung sagt.


3. Einschätzung / Meinung

Bauer Giles von Ham ist in vielerlei Hinsicht eine typisch tolkiensche Geschichte. Die Idee, mit einer Geschichte zu erklären, warum ein bestimmter (ungewöhnlicher) Ortsname entstanden ist, zeigt wieder einmal Tolkiens Vorliebe für Namen und ihre Entwicklung. Auch die zeitliche Einordnung im Vorwort der Geschichte, die dazu dient, mehr Authentizität zu schaffen, ist jener beliebter Kunstgriff, der schon im Herr der Ringe angewandt wird.
Gerade in Bauer Giles zeigt sich deutlich ein Sinn für trockenen Humor, sei es im Namen des Hundes (Garm ist eigentlich der Hund, der das Tor zur Behausung der Todesgöttin Hel bewacht), der sich so gar nicht wie sein literarisches Vorbild verhält (auch wenn Tolkien das später für keinen guten Scherz hält - ich habe sehr gelacht!) oder die beiden Gespräche zwischen Giles und Chrysophylax, in denen eine Art Rollentausch stattfindet und die beide gleichlautend beginnen.
Alle Charaktere sind sehr liebevoll gezeichnet (im wahrsten Sinne des Wortes, meine englische Ausgabe ziert ein wunderschönes Bild von Roger Garland), und besonders Giles ist ein echtes Original mit sehr hobbitmäßigen Eigenschaften. Doch auch der Drache (auch wenn es immer wieder heißt, er sei feige, verschlagen und gierig) ist insgesamt eher positiv gezeichnet, was bei Tolkien doch eher selten ist. Aber nicht nur Figuren und Gespräche verbergen manchen Witz, auch die Erzählung an sich (man denke an die Definition des Wortes Donnerbüchse, die direkt aus dem Oxford English Dictionary stammt) zeigt sich bald ironisch, bald augenzwinkernd. Es ist eine Geschichte, die das Lesen lohnt (mein liebstes von Tolkiens kurzen Werken) und eine andere Seite an Tolkien zeigt, sei es wegen des Humors oder auch wegen des Inhalts an sich. Chrysophylax ist ein ungewöhnlicher Drache, und es tut mir sehr leid, daß es nie ein Wiedersehen mit ihm gegeben hat oder geben wird.
FINIS oder auf deutsch: ENDE

Quellen:
Carpenter, Humphrey: J. R. R. Tolkien - eine Biographie / Humphrey Carpenter. - Ungek. Ausg. - München : dtv [u.a.], 1991. - 322 S. - ISBN 3-423-11526-2
Tolkien, John Ronald R.: Fabelhafte Geschichten / J. R. R. Tolkien. - Stuttgart : Klett-Cotta, 1975. - 160 S. (Hobbit-Presse) - ISBN 3-608-95034-2
Shippey, Tom: J. R. R. Tolkien - Autor des Jahrhunderts / Tom Shippey. - Stuttgart : Klett-Cotta, 2002. - 393 S. - ISBN 3-608-93432-2

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"... Nanna nenn' ich Nökkvis Tochter..."
"Loki was the one falling into darkness, and when he did, you could hear him laugh."

Lucius Offline

Übermeister


Beiträge: 463

08.03.2004 23:10
#2 RE:Bauer Giles von Ham Antworten

Das ist eins der wenigen Bücher die ich wirklich noch unbedingt Lesen möchte! Ich kenne nur das Hörspiel, und das ist echt herrlich gemacht, besonders Garm ist Genial!
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Cuio i Pherian annan!

Die Hand eines Menschen könnte das Universum erfassen, wenn er nur lernte, seine Faust zu öffnen.

Ciriel ( Gast )
Beiträge:

09.03.2004 07:05
#3 RE:Bauer Giles von Ham Antworten


"Help, help, help!" *howl*
"What has come to you, dog?"
"Nothing ...!"
"I'll give you a-nothing!"
"Nothing, but something has come to you...Help, help, help!"

Aber das Gespräch zwischen Bauer und Drache hat den schönesten Anfang: "Where you looking for me by any Chance?"
Ich hätte gerne eine Fortsetzung gehabt...
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Lucius Offline

Übermeister


Beiträge: 463

09.03.2004 19:18
#4 RE:Bauer Giles von Ham Antworten

Dann schreib doch selber eine! Würd ich dir ohne weiteres zutrauen!
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Cuio i Pherian annan!

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Eleanor Unterberg Offline

Overlord


Beiträge: 825

09.03.2004 19:21
#5 RE:Bauer Giles von Ham Antworten

Auch wenn ich (zugegeben) ein Fan von dem "Bauern" bin steh ich persönlich ja auch auf Baum und Blatt.
Es sind keine Geschichten, bzw ist es nur eine, während das andere ein Essay über Märchen ist das der Prof. verfasst hat.
Das Essay führt zu den "Ursprüngen" aus denen der Hobbit und schlussendlich ganz Mittelerde entstanden ist, und um mit dem Schlusswort zu enden
"Er ruft mit einem Schlag den Sinn für eine weite Welt unermesslicher Zeiten wach".

"Blatt von Tüftler" hingegen ist eine Geschichte, wenn auch anders als die dem mainstream-puplikum bekannten wie LotR oder dem Hobbit
Es geht um einen Mann der auf eine Reise geht (oder gehen soll) und ein Bild malt....

Beides ist sicher nicht unbedingt das was man mal eben so schnell zur Unterhaltung liest aber tragen beide "Geschichten" zum (meiner Meinung nach) besseren Verständnis von Tolkiens Gedankenwelt bei die durchaus nicht nur aus Mittelerde bestand.

*Sich mal vor dem grossen Gelehrten verbeug*

ach...und um nicht zu vergessen... ich mag auch
"The Adventures of Tom Bombadil and other verses from the Red Book" wirklich gern!


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Wirklich reich ist, wer in seiner Seele mehr Träume hat, als die Wirklichkeit zerstören kann.

Ciriel ( Gast )
Beiträge:

10.03.2004 07:29
#6 RE:Bauer Giles von Ham Antworten

@Lucius
NIE. Ich kann mich nicht einfach daran vergreien. Mein Stil wäre ein anderer, und spätestens bei den philologischen Bezügen hätte es mich erwischt.

Eleanor: Ich kenne "Blatt von Tüftler" auch, aber ich muss sagen, bis ich eine Interpretation dazu las, hatte ich die Geschichte nicht verstanden. Und vieleicht mag ich sie deshalb nicht ganz so gerne wie die anderen Sachen. Was Tom angejht, stimme ich Dir aber zu, ich mag die "Abenteuer" auch gerne!
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Lucius Offline

Übermeister


Beiträge: 463

16.03.2004 18:25
#7 RE:Bauer Giles von Ham Antworten

In Antwort auf:
und spätestens bei den philologischen Bezügen hätte es mich erwischt.

Ähh, was???
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Cuio i Pherian annan!

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Ciriel ( Gast )
Beiträge:

17.03.2004 07:06
#8 RE:Bauer Giles von Ham Antworten

Tatsächlich scheint einer der wesentlichen Entstehungsgründe in dem Wunsch zu liegen, den Ortsnamen Worminghall (etwa Drachenhalle) zu erklären.
Das ist ein Spiel mit Sprache: T(h)ame (heißt zwar heute THame, wird früher aber wohl ohne H geschrieben worden sein) = gezähmt, Worminghall = Drachenhalle. Es könnte aber auch mal nur "Worming" gewesen sein. Und was hat man dann mit Tame zusammen? "Gezähmter Drache"! Das ist doch ein komischer Name für einen Ort, dafür muss es einen Grund geben. "Giles" ist die Erklärung dazu. Für solche philologischen Spielchen fehlt mir allerdings das Fachwissen.

Außerdem: Ich sage nur GARM! ---> Denk mal ans Vorbild!
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